Das machen Sie als erstes
1. Situation einschätzen: Ist die Fledermaus hilfebedürftig?
Normalerweise leben Fledermäuse sehr versteckt und verschlafen den Tag in ihren Quartieren. Sieht man eine Fledermaus tagsüber, kann es ein Zeichen dafür sein, dass sich das Tier in einer Notlage befindet. Hängt sie tagsüber regungslos z. B. an einer Hausfassade, sollte man aufmerksam werden und sich das Tier genauer ansehen. In den meisten Fällen handelt es sich um ein hilfsbedürftiges Tier, aber gerade in den Spätsommermonaten kann es sich auch um ein unerfahrenes Jungtier handeln, welches sich einen sehr schlechten Schlafplatz ausgesucht hat. Findet man Fledermäuse beim Wandern in Baumspalten oder Höhlen oder entdeckt sie im eignen Dachboden, sind sie meist nicht in einer Notlage, sondern befinden sich an für sie normalen Wohnorten. Winterschlafende Fledermäuse sollten nicht unnötig aufgeweckt werden und möglichst an sicherer Stelle in Ihrem Quartier verbleiben!
Nächtlicher Fledermauseinflug
Alle Fenster weit auf, Vorhänge zu Seite, Rolläden hoch, Licht aus, Tür zu, warten. Die Fledermaus wird nach einer Weile den Ausflug selbst finden.
2. Fledermaus genau ansehen: Jungtier? Verletzt? Unterernährt?
Fledermäuse sind sehr kleine Tiere und ihre Jungtiere sind entsprechend kleiner. Das Junge einer Zwergfledermaus ist nur wenige Zentimeter 'groß', und nur zwischen Mai und Juli da. Ist es gerade erst wenige Stunden oder Tage alt hat es etwa die Größe eines stattlichen Gummibärchens, ist noch nackt und blind. Gibt es offensichtliche Verletzungen, möglicherweise eine Wunde oder ein Riss in der feinen Flughaut? Das Tier kann auch an einem Knochenbruch leiden. Ist es ein Katzenbringfund? Hat das Tier eine "Vespentaillie", wirkt es sehr eingefallen oder dratig? Dann ist es unterernährt. Wirkt das Tier desorientiert, hält den Kopf schief oder hat Schnappatmung, hat es womöglich ein Anflugtrauma.
3. Selbstschutz. Fledermäuse sind keine Haustiere!
Fledermäuse sind Wildtiere und mögen es nicht, wenn man sie anfasst, selbst wenn man ihnen nur helfen will. Sie werden daher versuchen, sich zur Wehr zu setzen, da sie um ihr Leben fürchten. Fledermäuse können dann versuchen Sie zu beißen. Die Wahrscheinlichkeit, sich durch einen Fledermausbiss zu infizieren, ist zwar äußerst gering, aber nicht ausgeschlossen. Man sollte sie daher nur mit einem dicken Handschuh oder einem festen Stofftuch anfassen, wobei man jedoch sehr vorsichtig sein muss. Fledermäuse sind sehr klein und zerbrechlich. Die filigranen Flügel sind äußerst empfindlich.
Die Fledermaus bleibt nach der Aufnahme regungslos
Bewegt sich eine Fledermaus allenfalls wie in Zeitlupe und fühlt sich kalt an (vorsichtig am Rücken fühlen), so ist sie entweder sehr geschwächt oder sie befindet sich in einer Art Starre, in die Fledermäuse zum Winterschlaf oder bei Nahrungsmangel übergehen können, um Energie zu sparen. In diesem Zustand sind Fledermäuse nicht flugfähig und benötigen 10-45 Minuten, um ihre "Betriebstemperatur" von 37 °C zu erreichen.
Das wichtigste zuerst: Fledermaus trinken lassen!
Möglichst rasch sollte jeder Fledermausfindling trinken. Eines der häufigsten Probleme vor allem in warmen Sommern ist Dehydration. Hierzu träufeln Sie am besten einige Tropfen lauwarmes Leitungswasser oder Fencheltee mit einer kleinen Pipette, Spritze oder einem Pinsel seitlich an die Maulspalte (nicht von vorn, dort befinden sich die Nasenlöcher und es besteht Erstickungsgefahr). Still stehendes Wasser in einem Napf erkennt eine Fledermaus jetzt noch nicht, sie ortet mit Ultraschall einen festen Gegenstand.
Kleine Punkte im Fell
Wie kleine Punkte im Fell können Milben aussehen. Sie schwächen die Fledermaus, sind aber für Menschen ungefährlich.
Erste Anamnese abgeschlossen - jetzt sicher verwahren / Sonderfall Jungtierfund
Als schnelle Lösung für die vorübergehende Unterbringung von Fledermäusen eignet sich ein alter Schuhkarton mit hineingestochenen Lüftungslöchern. Innen füllt man ihn am besten locker mit zerknülltem Küchenpapier oder mit kleinen geknüllten Stofftüchern, damit die Fledermaus sich verstecken und beruhigen können. Hier ist sie auch sicher vor anderen Hausmitbewohnern wie Hunden oder Katzen. Aber Achtung: Der Karton muss gut, aber natürlich nicht luftdicht schließen. Im Winter sollte die Notfallkiste in einen etwa 5 - 10°C kühlen Raum gestellt werden, bis weitere Hilfe organisiert ist. Im Sommerhalbjahr und besonders vor Fütterungs- und Abflugversuchen muss die Kiste in einem kühlen Raum, aber bei Zimmertemperatur aufbewahrt werden.
Handelt es sich um ein Jungtier (Mai-Juli) sollten Sie sich umgehend auf die Suche nach dem Fledermausquartier machen, aus dem es gekommen sein muss. Meist findet man das Quartier in unmittelbarer Nähe zum Fundort. Kleine schwarze Kot-Krümelchen am Boden geben einen Hinweis auf das Einflugloch. Dorthin setzt man das Tier wenn schnellst möglich zurück und beobachtet, ob das Fledermausbaby wieder in die Kolonie zurückfindet. Fledermausbabys sind am besten bei ihren eigenen Müttern aufgehoben! Alternativ kann man am Abend das Tier auch auf dem Kuschelturm der Mutter zur Abholung anbieten.
Bitte kontaktieren Sie nun Fledermausexpert*innen in ihrer Nähe. Das NABU Fledermaustelefon hilft weiter und kann regionale Ansprechpartner*innen vermitteln. Telefon: 030 - 284 984 5000
Gemeinsam mit Fledermausfreund*innen aus anderen Verbänden hat sich der NABU außerdem im AK Fledermausschutz vernetzt, auch dort finden sich unter Umständen Ansprechpartner*innen, die weiterhelfen können. Manchmal kann auch bei Wildtierauffangstationen oder in Tierärztpraxen fachkundiger Rat eingeholt werden. Um die Situation in der sich die Fledermaus befindet adäquat einschätzen zu können, ist es extrem wichtig die Lage bestmöglich zu dokumentieren:
- Um wie viele Fledermäuse handelt es sich?
- Was scheint das Problem zu sein?
- Wann und wo wurde die Fledermaus gefunden?
- Wie lange wurde die Fledermaus bereits beobachtet?
- Ist es ein Katzenbringfund?
- Was wurde bisher unternommen?
- Wie ist die Wettersituation?
- Situationsdokumentation mit Fotos
Jungtierfund - Kuschelturm
Vor dem Anwenden dieser Methode bitte unbedingt Fledermausexpert*innen kontaktieren und nur unter Anleitung durchführen!
Sie benötigen eine Plastikwanne, eine mit warmen Wasser gefüllte Flasche, einen Socken.
Fledermausbabys brauchen eine externe Wärmequelle, da ihnen die Körperwärme ihrer Mutter fehlt. Menschliche Körperwärme, eine nicht zu warme Wärmflasche oder der Kuschelturm können ihnen diese bieten. Bitte achten Sie deshalb vor und nach der Nutzung des Turms auch immer darauf, dass dem Baby genug Wärme zugeführt wird.
Kurz vor der Dämmerung bis eine Stunde nach Einbruch der Nacht: Ziehen Sie den Socken über die warme Flasche. Stellen Sie die Flasche in die Plastikwanne. Stellen Sie diese Kuschelturmkonstruktion sicher vor möglichen Fressfeinden (z. B. Katzen) am Fundort oder möglichst Nahe am Fledermausquartier auf. Wärmen Sie das Fledermausjunge in der Hand und geben Sie ihm ausreichend Flüssigkeit, damit es die Energie hat nach seiner Mutter zu rufen. Setzen Sie das Fledermausjunge auf dem warmen Kuschelturm ab, es wird nach seiner Mutter rufen. Ziehen sie sich zurück und beobachten Sie die Szene aus der Entfernung. Verhalten Sie sich ruhig und leuchten Siedie Szene nicht mit einer Lampe an.
Sofern es nicht regnet und windstill ist, wird die Mutter nach dem Jungen suchen und es abholen. Sollte das Junge nach maximal einer Stunde noch nicht von seiner Mutter abgeholt worden sein, können Sie es morgens etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang bis kurz vor Sonnenaufgang noch einmal probieren. Wird das Baby auch dann nicht abgeholt, muss es umgehend in eine geeignete Pflegestelle gebracht werden.
Fledermäuse sind Insektenfresser
Sie können Fledermäusen mit der Pinzette etwas zu fressen anbieten - jedoch bitte keinesfalls Hunde- oder Katzenfutter. Als Ersatz für ihre übliche Nahrung kann man erwachsenen Fledermäusen beispielsweise Falter, Mücken, Mehlwürmer ohne Darm oder Drohnenbrut anbieten. Wenn die Fledermäuse diese Nahrung nicht sofort als solche erkennen, kann man z. B. die Mehlwürmer ausquetschen und ihnen kleine Portionen vorsichtig ans Mäulchen schmieren.
Abendlicher Abflugversuch
Mit ausgewachsenen Fledermäusen ohne erkennbare Verletzungen sollte am Abend (außer in Frostnächten oder bei Dauerregen) ein Abflugversuch unternommen werden. Viele Probleme lösen sich auf diese Weise von selbst. Setzen Sie das Tier in der Abenddämmerung möglichst hoch an eine rauhe Wand, Holzverschalung oder ein Fensterfliegengitter (katzensicher!) und beobachten Sie, ob es abfliegen kann. Bis zum Abflug kann längere Zeit vergehen. Unterhalb des Abflugplatzes sollte der Boden übersichtlich sein, damit Sie die Fledermaus wiederfinden, wenn der Flugversuch misslingen sollte. Auch ein "Kuschelturm" ist für ausgewachsene Fledermäuse ein guter Abflugplatz.