Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte
Rückkehr eines urigen Reptils an den Oberrhein
Vor über 15 Jahren startete der NABU sein Wiederansiedlungsprojekt der Europäischen Sumpfschildkröte in Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2008 wurden die ersten Schildkröten im Bobenheim-Roxheimer Altrheingebiet ausgewildert. Bis heute wurden in diesem Gebiet über 100 Sumpfschildkröten im Alter von ca. 4 Jahren in die Freiheit entlassen.
Nachdem sich die Tiere in der ersten Projektfläche bei Bobenheim-Roxheim sehr gut entwickelten und sogar schon die ersten Tiere bei der Eiablage beobachtet werden, machte sich der NABU auf die Suche nach neuen Projektflächen, die eine Wiederansiedlung der Art zulassen. Im Rahmen des BPBV-Projektes „Lebensader Oberrhein – Naturvielfalt von nass bis trocken“ wurde eine Potenzialstudie beauftragt, in der systematisch geeignete Flächen bewertet wurden. Ganz vorne lagen die Altrheinarme bei Neuburg am Rhein im Landkreis Germersheim. Schnell entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Landkreises Germersheim. Denn der Landkreis engagiert sich seinerseits im Rahmen des Interreg Projektes „Sumpfschildkröte ohne Grenze“ seit 2009 um die Wiederansiedlung der Art im grenzüberschreitenden Projektgebiet. Während auf französischer Seite bereits Tiere ausgewildert wurden, lag der Schwerpunkt auf deutscher Seite bis dahin auf Habitat-Optimierungen und Öffentlichkeitsarbeit rund um die Sumpfschildkröte. Nun konnte der NABU auch auf deutscher Seite Tiere auswildern.
„Wir freuen uns besonders, dass wir durch die enge Zusammenarbeit mit der Universität Landau nun auch die Möglichkeit haben, regelmäßig Forschungsarbeiten rund um das Projekt durchzuführen. Über lange Zeiträume können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universiät das Projekt so evaluieren“ freut sich Cosima Lindemann, 1. Vorsitzende des NABU Rheinland-Pfalz.
Aber vor der Auswilderung müssen die Tiere eine bestimmte Größe erreicht haben, damit sie nicht so leicht von Fischen und Vögeln gefressen werden. Bestimmte Größe heißt in diesem Fall etwa handtellergroß. Neben der Züchtung der Tiere stellt auch die Aufzucht bis zu diesem Alter eine besondere Herausforderung dar. Bei dieser Tätigkeit werden wir seit mehreren Jahren von unserem Projektpartner, dem SEA LIFE in Speyer unterstützt. SEA LIFE übernimmt die aufwendige Aufzucht der jungen Sumpfschildkröten bis zum auswilderungsfähigen Alter. Dazu wurde 2015 der neue 180 Quadratmeter umfassende Außenbereich für die Europäische Sumpfschildkröte im SEA LIFE Speyer eröffnet.
Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist die einzige in Deutschland wild vorkommende Schildkrötenart. Sie lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich großer Seen und Feuchtgebieten. Früher galt sie als charakteristische Art der Auengebiete am Oberrhein. Aussterbeursache am Oberrhein dürfte in erster Linie der massenhafte Fang der Sumpfschildkröte im Mittelalter gewesen sein. Besonders der Markt in Speyer war als Umschlagplatz für den Verkauf der Art weit über die Region hinaus bekannt. Zu dem Fang kam die Zerstörung der Lebensräume durch Flussbegradigung, Grundwasserabsenkung, Vernichtung von Gewässern und Zerstörung der Eiablageplätze im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung. Im NABU-Wiederansiedlungsprojekt werden ausschließlich Tiere ausgewildert, die den ehemals bei uns heimischen Europäischen Sumpfschildkröten genetisch möglichst nahe stehen. Denn diese Tiere sind an die vorherrschenden Lebensbedingungen wie die klimatischen Verhältnisse am besten angepasst.
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