Vom Panzerübungsplatz zur Naturschutzfläche
Der Standortübungsplatz Schmidtenhöhe bei Koblenz
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2 Konik-Pferde auf Schmidtenhöhe - Foto Heinz Strunk
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2 Taurusinder - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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2 Taurusrinder und 1 Kalb - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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3 Konikpferde - Foto Dietmar Glitz, NABU Koblenz
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4 Konik-Pferde auf Schmidtenhöhe - Foto Heinz Strunk
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Heckkälbchen - Foto Heinz Strunk
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Kalb im Schnee - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Kalb und Mutter im Schnee - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Kühe auf Schmidtenhöhe im Winter - Foto Heinz Strunk
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Konik-Pferd - Foto Heinz Strunk
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Konik-Pferd mit Fohlen - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Konik-Pferd und Fohlen - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Konik-Pferde - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Konik-Pferde auf Schmidtenhöhe - Foto Heinz Strunk
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Konik-Pferde auf Schmidtenhöhe im Winter - Foto Heinz Strunk
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Konik-Pferde und Taurusrinder - Foto Heinz Strunk, NABU Koblenz und Umgebung
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Konikpferde - Foto Dietmar Glitz, NABU Koblenz
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Kuh mit Kalb im Schnee - Foto Leo Heuser, NABU Koblenz
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Laufende Pferde - Foto Heinz Strunk
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Pferde - Foto Dietmar Glitz, NABU Koblenz
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Pferde und Rinder - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Pferde und Stier - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Pferde- und Rinderherde auf Schmidtenhöhe im Winter - Foto Heinz Strunk
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Rind auf Schmidtenhöhe im Winter - Foto Heinz Strunk
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Rinderherde auf Schmidtenhöhe im Winter - Foto Heinz Strunk
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Robustrinder und -pferde - Foto Heinz Stetzuhn, NABU Ahrweiler
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Taurusrinder - Foto Dietmar Glitz, NABU Koblenz
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Taurusrinder - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Taurusrinder am Turm - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
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Taurusrinder vor Turm - Foto Heinz Strunk, NABU Rhein-Lahn
Schon die Römer gründeten 14 nach Christus am Zusammenfluss von Rhein und Mosel ein Kastell. Seit dieser Zeit beherbergt Koblenz wegen seiner strategisch wichtigen Lage Soldaten in seinen Mauern und war lange Zeit mit mehr als 10.000 Soldaten sogar die größte Garnisonstadt Deutschlands.
Die Soldaten wurden in der Umgebung von Koblenz ausgebildet. Zu Übungszwecken erhielten sie 1937 einen großen Standortübungsplatz auf der Horchheimer Höhe. Dazu wurden die Flächen gegen eine Entschädigung von 60 bis 80 Pfennig pro Quadratmeter enteignet. Seit dieser Zeit diente die 776 Hektar große Schmidtenhöhe kontinuierlich dem Militär.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wehrmacht von den französischen Streitkräften abgelöst, die den Platz 1956 an die Bundeswehr abgaben. Hier wurden Fernmelder, Pioniere und Panzerfahrer ausgebildet. Vor allem die Panzerbataillone nutzten den Platz ab 1957 intensiv und gestalteten ihn bis zu ihrer Auflösung 1992 wesentlich um. In diesen 35 Jahren entstand auf großen Teilen der Schmidtenhöhe eine vegetationsarme bis vegetationsfreie Landschaft mit vielen Schlamm- und Wasserlöchern, Geröllpisten und einer ausgeräumten Struktur.
Lebensraum für seltene Arten
Die von den Panzern geschaffenen, wüstenähnlichen Flächen mit einzelnen Brombeerbüschen und Hecken wurden sehr schnell zu einem El Dorado für Flora und Fauna! Die Kleingewässer sind genau das, was Gelbbauchunken, Kammmolche, Wechselkröten, Laubfrösche, die Kleine Pechlibelle und die Frühe Heidelibelle benötigen: Das Wasser erwärmt sich schnell und die Larven dieser Arten können sich in kurzer Zeit entwickeln, bevor diese Kleingewässer im Sommer wieder austrocknen.
Mit dem Abzug der Panzer blieben große ungedüngte Flächen zurück. Auf ihnen entwickelten sich sehr schnell bunte Blumenwiesen. Seltene Orchideen wie Bienenragwurz und Pyramidenorchis wachsen hier, sogar das Übersehene Knabenkraut, das es nur an zwei Stellen in Rheinland-Pfalz gibt. In den Wiesen kommen viele Heuschrecken vor, darunter auch die sehr seltene Plumpschrecke (Isophya kraussi), für die es nur wenige Nachweise in Rheinland-Pfalz gibt.
In den feuchten Quellwäldern ist oft der Große Schillerfalter sowie der Kaisermantel zu beobachten. Über den Trockenwiesen flogen im Sommer 2009 sehr viele Postillione und die Goldene Acht.
Damit wurde der Standortübungsplatz zu einem attraktiven Lebensraum für viele Vogelarten. Neuntöter und sogar den sehr seltenen Raubwürger findet man hier. Die in der Agrarlandschaft stark zurückgehende Feldlerche hat stabile Bestände.
Die vielen Insekten in den blütenreichen Fluren sind aber nicht nur Anziehungspunkt für Vögel, sondern auch für Fledermäuse. Für sie stellt das Gebiet ein wichtiges Jagdhabitat dar.
Die auf der Schmidtenhöhe vorkommenden Amphibien-, Fledermaus- und Vogelarten gehören zu den seltensten Arten in Europa. Zum Schutz des europäischen Naturerbes müssen die besten Lebensräume dieser Arten geschützt werden. Deshalb wurde die Fläche Teil des europäischen Schutzgebietssystems „Natura 2000“.
Gefährdung durch Verbuschung
Mit dem Rückzug der Panzer wanderten aber auch Gehölze ein, die sich sehr schnell vermehren. Dort, wo sie ein geschlossenes Blätterdach bilden, können keine Orchideen mehr vorkommen. Auch die Tümpel und mit Wasser gefüllten Panzerspuren wachsen zu und verlieren damit ihre Eignung für die Amphibien. Mit der zunehmenden Verbuschung wurde das europäische Schutzgebiet so negativ verändert, dass die zu schützenden Arten sehr stark zurück gingen. Eine Schafbeweidung konnte diese Verschlechterung nicht aufhalten. Zum Schutz der Arten – aber auch weil die EU eine Verschlechterung der Natura-2000-Gebiete nicht duldet – wurden somit Gegenmaßnahmen erforderlich.
Lösung: Halboffene Weidelandschaft
In vergleichbaren Fällen hat sich eine Ganzjahresbeweidung mit Robustrindern und Pferden als wirkungsvolle Gegenmaßnahme zur fortschreitenden Verbuschung herausgestellt. Dieser Ansatz der sogenannten „Halboffenen Weidelandschaft“ wird seit 1997 vom NABU Rheinland-Pfalz in Kirchheimbolanden mit großem Erfolg durchgeführt. Die Erfahrungen aus den über 100 bundesweit umgesetzten Projekten sind außerordentlich positiv. Die Verbuschung wird aufgehalten und die Artenvielfalt wesentlich erhöht. Warum ist das so?
Lösung: Halboffene Weidelandschaft
Anders als bei einer klassischen Viehweide mit rund fünf erwachsenen Rindern pro Hektar ist die Besatzdichte bei der Halboffenen Weidelandschaft mit 0,3 bis 0,8 Großtieren je Hektar vergleichsweise gering. Dadurch wird im Sommer nicht alles kahl gefressen, Blütenpflanzen können ihre Samen entwickeln. Die im Sommer übrig bleibende Vegetation bietet den Tieren im Winter Nahrung. In den Wintermonaten müssen sie aber auch auf Brombeerbüsche, Schlehen und Gehölze zurückgreifen. Dadurch wird die Verbuschung wirkungsvoll verhindert. Es entsteht langfristig ein kleinräumiges Mosaik von Wiesenflächen mit immer wieder eingestreuten einzelnen Buschgruppen, Bäumen und Feldgehölzen. Ein Savannencharakter wird sich einstellen.
Gleichzeitig wird die Vegetation in und um die Tümpel von den Tieren gefressen. Dadurch entstehen durch das Gewicht der großen Tiere Kleinstrukturen in den Gewässern, die den gefährdeten Amphibien den Lebensraum erhalten. Im Dung der Tiere leben viele Käfer, die wiederum vielen Vogel- und Fledermausarten als Nahrung dienen. Durch diese Vielfalt an Strukturen können sehr viele unterschiedliche Tierarten eine Heimat finden. Beim Geo-Tag der Artenvielfalt 2007 wurden in einer Halboffenen Weidelandschaft in Thüringen mit 2.475 Tier- und Pflanzenarten so viele Arten gefunden wie bei keinem Geo-Tag zuvor. Dies zeigt, dass dies ein die Biodiversität fördernder Ansatz ist.
Taurusrinder und Koniks gestalten die Schmidtenhöhe
Die Aufgabe des NABU ist es, die Tiere in den nächsten Jahren zu betreuen, so wie wir dies bereits in den beiden anderen Projekten im Donnersbergkreis und im Westerwald tun. Dies bedeutet, dass wir die Tiere einmal am Tag begutachten müssen, um festzustellen, ob sich ein Tier eventuell verletzt hat. In diesem Fall muss eine tierärztliche Behandlung eingeleitet werden. Auch der aus drei Drähten bestehende Elektrozaun muss regelmäßig kontrolliert werden. Für diese Maßnahmen haben wir eine Teilzeitstelle geschaffen. Aber auch viele ehrenamtliche Mitarbeiter helfen mit. So muss für Schneelagen im Winter (nur bei solchen Extremwetterlagen soll zugefüttert werden) Heu gemacht werden. Wie bei allen Hausrindern muss auch bei den Robustrassen einmal im Jahr eine Blauzungenimpfung und eine Blutuntersuchung durchgeführt werden. Dazu müssen sie in einem Fangstand eingefangen werden.
Am 21. September 2009 hat Umweltministerin Conrad, die für das Projekt den Zaunbau, die Tierunterstände und weitere Initialmaßnahmen förderte, mit der Freilassung der Konikpferde den offiziellen Startschuss gegeben. Unsere Rinderherde, die von Napoleon, einem echten spanischen Stier, angeführt wird, befand sich schon auf der Fläche. In den kommenden zwei Jahren soll der Tierbestand auf rund 50 Rinder und 15 Pferde anwachsen. Wenn diese Kapazitätsgrenze der Fläche erreicht ist, werden die neu geborenen Tiere zu weiteren geplanten Projekten abgegeben.
Dieses Beweidungsprojekt stellt eine große Herausforderung für den NABU Rheinland-Pfalz dar. Wegen der großen Bedeutung für den Naturschutz ist der Arbeits- und Geldeinsatz aber mehr als lohnend. Während die Anfangsinvestitionen aus zweckgebundenen Mitteln der Ersatzgeldzahlung vom Ministerium finanziert wurden, ist die Finanzierung der laufenden Unterhaltung des Projektes alleinige Sache des NABU. Die Kosten müssen über die normale landwirtschaftliche Bewirtschaftung und über Mitgliedsbeiträge finanziert werden. Hierbei kommt dem NABU zugute, dass er in Rheinland-Pfalz inzwischen mehr als 30.000 Mitglieder hat.
Hier sehen Sie eine kleine Auswahl der Artenvielfalt: