Ein Wiesenvogel in Not
Braunkehlchen ist Vogel des Jahres 2023
Auch für das Jahr 2023 wurde der Vogel des Jahres öffentlich gewählt und der Sieger steht fest: Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) hat mit 58.609 Stimmen und 43,47 Prozent die meisten Stimmen erhalten. Damit ist es nach dem Rotkehlchen und dem Wiedehopf der dritte Jahresvogel, der öffentlich gewählt werden konnte.
Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) gehört – wie sein prominenter Verwandter das Rotkehlchen – zur Familie der Schnäpperverwandten (Muscicapidae). Es hat eine orange-braune Brust, einen schwarz-braunen Kopf und einen markanten weißen Überaugenstreif sowie am Rücken eine stark gebänderte Zeichnung. Das Weibchen ist allgemein heller (zimtbraun bis weiß). Mit einer Körperlänge von 12 bis 14 cm und einem Gewicht von 16 bis 24 g zählt der Wiesenvogel zu unseren kleineren Singvögeln. Viele Wähler*innen konnten sich aber sicher auch für den Braunkehlchen-Wahlslogan: „Wiesen wieder wilder machen!“ begeistern.
Das Braunkehlchen lebt in offenem Grünland, in Feldern und Hängen und braucht Ansitzwarten wie Zäune, Pfähle, Hochstauden oder andere Stängel, um nach Insekten und deren Larven, Spinnen, kleinen Schnecken oder Würmern zu jagen. Als Wiesenbrüter baut es sein Nest in der Regel am Boden. Es bewohnt strukturreiche Wiesen und Weiden und gehört deshalb zu den Arten, die ganz besonders unter der Nutzungsintensivierung unserer Kulturlandschaft leiden.
Die Population des Braunkehlchens ist in Deutschland stark gefährdet, da es aufgrund fehlender Lebensräume nur noch wenige Brutpaare gibt. Grund dafür ist in erster Linie die Vernichtung oder zumindest erhebliche Beeinträchtigung seines Lebensraumes wie ehemals extensiv genutzte Grünlandbereiche, artenreiche Streuwiesen sowie Heide- und Moorgebiet. Mit Hilfe intensiver Düngung werden Wiesen frühzeitig und mehrmals pro Jahr gemäht. Großflächig ausgebrachte Insektiziden und Herbizide vermindern gleichzeitig die für das Braunkehlchen essentielle Nahrungsbasis. Die Intensivierung der Landwirtschaft bereitet dem Vogel des Jahres große Probleme. Als Folge mehrmaliger Grasschnitte und intensiver Grünlanddüngung weicht das Braunkehlchen zunehmend auf feuchte bis nasse Standorte, Heiden und Moore aus.
Hilfe für das Braunkehlchen können Feuchtwiesen-Schutzprogramme auf großen zusammenhängenden Wiesenflächen bieten. Strukturbereicherungen, wie etwa das Belassen von Altgrassteifen mit drei- bis vierjährigem Mahdrhythmus, tragen ebenfalls zur Erhaltung einer abwechslungsreichen Wiesenlandschaft bei. Wiedervernässung und eine extensivere Grünlandnutzung, die Reduktion von Düngemitteln und Bioziden, sowie vor allem die Anpassung von Mahdterminen an die Brutbiologie des Braunkehlchens (Mahd erst ab Mitte Juli und achtwöchige Pausen zwischen den einzelnen Mahden), sind weitere geeignete und wirksame Schutzmaßahmen.
Der Bestand des Braunkehlchens in Deutschland geht seit Jahrzehnten zurück und wird nur noch auf 19.500 bis 35.000 Brutpaare geschätzt, Tendenz fallend. In Rheinland-Pfalz ist das Braunkehlchen mit bis knapp 130 Brutpaaren im Jahr 2020 ein seltener Brutvogel und gilt laut Roter Liste Rheinland-Pfalz als vom Aussterben bedroht. Im Spätsommer ziehen die Braunkehlchen in ihre Überwinterungsgebiete im (sub-)tropischen Afrika und kehren Anfang bis Mitte April zu uns zurück.
Weitere Infos zum Braunkehlchen gibt es beim LBV oder beim NABU-Bundesverband.
Pressefotos zum Vogel des Jahres stehen hier zur Verfügung.