Projekt „Kranichwoog"
Ein Naturschutzprojekt von landesweiter Bedeutung
Die früher sehr artenreiche Westpfälzische Moorniederung ist zwar ein landesweit bedeutsamer Naturraum, allerdings einer, der durch Entwässerungsmaßnahmen und Intensivnutzungen sehr stark verändert wurde. Gerade an feuchte Lebensräume gebundene Arten sind stark zurückgegangen und teilweise verschwunden. Durch Trockenlegung an vielen Stellen und intensive Nutzung wurde die früher sehr artenreiche, feuchte Westpfälzische Moorniederung stark durch Menschenhand verändert. Durch die intensive Grünlandbewirtschaftung sind bestimmte Amphibienarten sowie an Feuchtflächen gebundene Vogel-, Tagfalter-, Heuschrecken- und Libellenarten innerhalb der letzten Jahrzehnte erheblich zurückgegangen oder zum Teil vor Ort nicht mehr auffindbar. Mit dem "Kranichwoog" hat der NABU der Moorniederung nun einen großflächigen Feuchtlebensraum für bedrohte Pflanzen- und Tierarten zurückgegeben.
Die Idee zu diesem "Mammut-Projekt" hatten die langjährigen NABU-Mitglieder Alfred Klein und Alexander Weis. Sie haben über viele Jahre daran festgehalten und durch ihren unermüdlichen Einsatz und ihre Hartnäckigkeit alle weiteren Beteiligten, die für die Realisierung dieses Projekts notwendig waren, von ihrer Idee überzeugt. Da ein so gewaltiges Projekt nicht von einer Ortsgruppe gestemmt werden kann, übernahm letztendlich der NABU-Landesverband Rheinland-Pfalz in enger Kooperation mit der Kreisverwaltung Kaiserslautern die Realisierung des Kranichwoog-Projekts. Der Name nimmt Bezug auf die Kraniche, die während des Vogelzuges regelmäßig südlich von Hütschenhausen rasten sowie den „Scheidenberger Woog“, der im Mittelalter westlich vom "Kranichwoog" lag. Die Brutgebiete des Kranichs liegen im Nordosten Europas. Als Brutvogel lässt sich der Kranich also nicht ansiedeln – dies war aber auch nie Ziel des Projektes.
Die Idee des Kranichwoogs
Zentrales Ziel des Projekts war und ist, Lebensraum für Vögel, Amphibien und Libellen zu schaffen und Zugvögeln eine Rastmöglichkeit auf ihrem Frühjahrs- und Herbstzug zu bieten. Das Gesamtgebiet besteht neben den Grünlandflächen aus zwei größeren Teichen (Fläche ca. 4-5 ha – inkl. Jeweils 0,3 bzw. 0,25 ha für die Insel) und drei kleinere Flachgewässern (Größe jeweils ca. 250 qm).
Wichtiger Bestandteil des Gesamtprojektes ist der ca. 40 ha große Beweidungsgürtel. Mit der Umzäunung für die Beweidung und dem Einzug der Wasserbüffel werden Freizeit- und andere für die Natur störende Nutzungen von den Wasser- und sonstigen Biotopflächen ausgeschlossen. Zugleich soll ein Zuwachsen der Teiche und der geschaffenen Lebensräume mit Schilf oder Gehölzen verhindert und die Vielfalt an kleineren und größeren Lebensstätten gefördert werden. Durch den Einzug der Wasserbüffel können aufwändige Freihaltungsmaßnahmen eingespart werden. Der Grünlandgürtel steht den Karpartenbüffeln von November bis Februar zur Verfügung, der Kernbereich des Gebiets ganzjährig.
Damit sich die Natur hier ungestört entwickeln kann, ist eine direkte Begehung des Gebietes nicht möglich. Beobachtungsmöglichkeiten ergeben sich nur vom Wegesrand aus, aufgrund der Entfernung ist allerdings ein gutes Fernglas, idealerweise ein Spektiv, nötig. Einen besseren Ein- und Überblick ermöglicht ein Beobachtungsturm, zudem geben Infotafeln Wissenswertes über die Naturschutzaspekte mit an die Hand. In 19 Metern Höhe auf der obersten von vier Plattformen wird ab 2023 eine Vogelperspektive auf den Woog und seine Umgebung eröffnet. Der in Holzbauweise geplante Turm ist auf der ersten Ebene barrierefrei zugänglich und hält auf jeder Etage Informationen auf Deutsch und Englisch über den Kranichwoog und die Moorniederungen bereit.
Wir sind überzeugt: Nur was man wertschätzt, ist man bereit zu schützen. Daher soll die besondere Landschaft der Moorniederungen und damit auch der Naturschutzgedanke erlebbar gemacht werden. Gelingen soll dies auch über den Natura 2000-Erlebnisweg. Dieser Rundweg weist an verschiedenen Stellen auf die Bedeutsamkeit von Natur und Umwelt hin. Die Maßnahmen gliedern sich in bereits vorhandene Strukturen, wie z.B. den vorbeiführenden Rundradweg „Pfälzer Seentour“ ein. Neben dem Erlebnisweg und dem Beobachtungsturm werden zudem Hinweisschilder angebracht und Parkplätze ausgewiesen, sodass Besucher*innen sich gut zurechtfinden.
Die Natur kehrt ein
Da ein neu geschaffenes Feuchtbiotop einer ständigen Entwicklung unterliegt, werden zurzeit die Amphibien-, Libellen-, Pflanzen- und Vogelvorkommen regelmäßig erfasst und die Arteninventare ausgewertet. Bereits im 1. Jahr konnten wieder Bruten des seltenen Flussregenpfeifers nachgewiesen werden und von Jahr zu Jahr gewinnt der "Kranichwoog" für die Vogelwelt weiter an Attraktivität. Vor allem die Zahl seltener Vogelarten, die hier während des Vogelzugs rasten, ist bemerkenswert. Hinzu kommt bereits im dritten Jahr nach der Herstellung eine reichhaltige Libellenfauna, was für die guten Umweltbedingungen im Gebiet spricht. Die Betreuung des "Kranichwoog" sowie die Beobachtung und Erfassung der Vogelbestände übernimmt der NABU-Weilerbach, federführend durch Alexander Weis. Bis heute konnte eine Vielzahl an Arten an den Wasserflächen nachgewiesen werden:
- Weit über 100 Vogelarten
- 4 Amphibienarten
- 18 Libellenarten
- Über 250 Pflanzenarten
Es bleibt zu hoffen, dass sich die eine oder andere Vogelart, die früher in der Westpfälzer Moorniederung als regelmäßiger Brutvogel zu beobachten war, wie z. B. der Kiebitz, wieder ansiedelt. Die folgende Übersicht zeigt erfreuliche Vogelsichtungen der letzten Jahre im Projektgebiet:
Neuester Montoringbericht der Brut- und Rastvögel am Kranichwoog
Hintergrund und Finanzierung
Rheinland-Pfalz hat sich im Rahmen einer Biodiversitätsstrategie 2015 das Ziel gesetzt, den schnell voranschreitenden Artenrückgang zu stoppen. In der Biodiversitätsstrategie werden elf Handlungsfelder und vielfältige Maßnahmen definiert. Das Projekt Kranichwoog setzt gleich mehrere Maßnahmen in den Handlungsfeldern Naturschutz, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturerleben um. Das im Jahre 2017 begonnene Projekt wird aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) finanziert, wonach der Bund 60 Prozent und das Land 40 Prozent der Kosten trägt. Das Fördervolumen beläuft sich auf rund 600.000 Euro.
Erst durch die Erweiterung der Zielkulisse im GAK-Rahmenplan für Förderungen von Naturschutzmaßnahmen besteht seit 2017 die Möglichkeit, derartige Projekte als „Förderung nichtproduktiver investiver Naturschutzmaßnahmen“ zu unterstützen. Damit können Maßnahmen des Naturschutzes zur Schaffung, Wiederherstellung und Entwicklung von Feuchtbiotopen, Hecken, wiedervernässten Flächen, zusammenhängenden Biotopen oder Trockenmauern gefördert werden. Das Projekt Kranichwoog entsprach in seiner Projektkonzeption diesen Förderkriterien und war eines der ersten Projekte, das so realisiert werden konnte.