Wildlife
Natur fernab der Zivilisation
Geht es um das umweltgerechte Handeln, dann ist es siebenmal wichtiger Kindern und Jugendlichen Naturerfahrungen zu vermitteln als ihnen Umweltwissen einzutrichtern. Als Naturerfahrung in diesem Sinne gilt nicht der bloße Aufenthalt in der freien Natur, z. B. im Urlaub oder der pflegende Umgang bzw. die Partnerschaft mit einem Tier, sondern den intensiven, alle Sinne berührenden und reflektierten Erfahrungsprozess.
Im Zuge des Projektes "Hunsrück-Hochwald: Wir bilden die Zukunft!" wurde Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 13 und 27 Jahren die Möglichkeit geboten, mithilfe des Konzepts "Wildlife", welches Umweltbildung mit Aspekten der Erlebnispädagogik verknüpft, die Natur direkt im Nationalpark durch und durch zu erleben.
Bei den mehrtägigen Seminaren erlernten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen einfache Überlebnstechniken und schärften ihre Sinne durch Wahrnehmungsübungen. So können sie sich in der Natur zurechtzufinden. Dazu gehören ebenfalls Feuer zu machen, sich zu ernähren, sich mit und ohne Kompass und Karte zu orientieren und in Tarps zu schlafen. Augrund dieser intensiven Naturerfahrung erkennen die Teilnehmer/-innen die enge Verknüpfung ihres Lebens mit der Natur und die Notwendigkeit diese zu erhalten.
Unabhängig vom Projekt "Hunsrück-Hochwald: Wir bilden die Zukunft!" veranstaltet die NAJU weitere Wildlife-Wochenenden, neuerdings auch in Neuerburg (Eifel). In den Seminaren erleben Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam die Natur fernab der Zivilisation.
Gelebt und geschlafen wird im Wald. Die Teilnehmenden errichten ihr Lager so, dass sie auch nach Abbau keine Spuren im Wald hinterlassen. Denn zu lernen, sich als Gast auf dieser Erde zu verhalten, ist zentraler Bestandteil des Wildlife-Konzeptes – wie auch das elementare Naturerfahren. Dazu gehört es, den Alltag und die Konsumkultur hinter sich zu lassen und die enge Verbindung des Menschen mit der Natur zu erleben. Nach und nach werden zum Beispiel alltägliche Gegenstände durch selbstgemachte aus Naturmaterialien ersetzt. Dazu probieren sich die Teilnehmenden an verschiedenen handwerklichen Fertigkeiten, wie dem Schnitzen und Ausbrennen von Schalen und Löffeln mit Glut.
Nach Einbruch der Dunkelheit können die Teilnehmenden anhand verschiedener Wahrnehmungsübungen ihre Sinne schulen. Nur nach Gehör gilt es einer Trommel zu folgen. Mit dem Tastsinn müssen Hindernisse erkannt und umgangen werden. Die Teilnehmenden sind nach der Aktion oft sehr erstaunt darüber, wie schnell sich ihre Sinneswahrnehmung intensiviert. Bei einer anderen Nachtaktion schleicht die Gruppe in der Dunkelheit durch den Wald, einer Spur aus Kerzen folgend. Trotz vieler Schleichübungen bei Tag ist es in der Nacht, wenn Stille in den Wald einkehrt, kaum möglich, ungehört durch das Dickicht zu pirschen.
Ob und wie man sich im Wald allein mit Gesammeltem ernähren kann, ist ebenfalls Thema der Seminare. Neben dem Bestimmen unbekannter Pflanzen, lernen die Teilnehmenden auch viel über bereits bekannte Pflanzen: Mit bis zu 40 % Eiweiß ist die für viele als „Unkraut“ bekannte Brennnessel sogar nahrhafter als die Sojabohne, während der unzerstörbare Löwenzahn nicht nur schmackhafte Blätter und Blüten, sondern auch eine sättigende Wurzel hat.
Darüber hinaus gilt es die modernen Orientierungstechniken des Alltags hinter sich zu lassen. Denn wo Google Maps nicht helfen kann, kommen Kompass und Karte wieder zum Einsatz. Die Teilnehmenden lernen, wie man beides nutzen kann, um sich in der Natur zu orientieren. Wie man selbst diese Hilfsmittel in Extremsituationen mit einfachem Wissen ersetzen kann, ist die letzte große Herausforderung, vor die die Teilnehmenden gestellt werden.